»Esperanto mit dem ganzen Körper.« Fred Astaire
14 Barrierefreiheit
Unter barrierefreien Webseiten versteht man Homepages, die von allen Besuchern ungeachtet technischer und/oder körperlicher Hürden ohne Einschränkungen benutzt werden können. Da dieses hehre Ziel im Prinzip nie vollständig umgesetzt werden kann, spricht man zumeist von barrierearmen Seiten. Barrierearme Seiten dienen nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern stellen einen Mehrwert für alle dar, beispielsweise für die Nutzung auf Handys, in exotischen Browsern, bei Präsentationen etc.
Hürden sind beispielsweise:
- Kontrastarme Seiten: für Menschen mit Farbfehlsichtigkeit
- Kleine Texte: für Menschen mit Sehschwäche, beispielsweise ältere Mitbürger
- Bilder: für Blinde, die sich Ihre Homepage von einem Screenreader vorlesen lassen
- Ignorieren technischer Standards: Das beschränkt die Besucher auf bestimmte Browser.
- Aktive Inhalte für Funktionalität: Sie schließen Menschen aus, die die entsprechenden Plug-ins nicht haben oder nicht haben wollen.
- Komplexe Sprache: Dadurch wird die Lesbarkeit erschwert, nicht nur für Menschen mit einem unterdurchschnittlichen IQ.
Sie sehen also, dass es sich hier nicht nur um technische Lösungen handelt. Barrierearmut hat vor allem mit inhaltlichen Aspekten zu tun. Dennoch gibt es einige technische Mittel, mit denen man Zugangshürden reduzieren kann.
- Trennung von Inhalt und Design: Die wichtigste Voraussetzung ist, dass Sie für Ihre Seiten valides XHTML verwenden und das Layout konsequent mit CSS gestalten. Tabellen oder unsichtbare Bilder zur Positionierung von Elementen sind tabu!
- Veränderung der Darstellungsgröße: Verwenden Sie statt fixer Schriftgrößen relative Angaben.
- Alternativtexte für multimediale Inhalte: HTML bietet die Möglichkeit, die Inhalte von Multimediaelementen mit Worten zu beschreiben. Nutzen Sie dies!
- Der Inhalt muss linear ausgegeben werden können: Nur so können Screenreader u. Ä. die Seite in andere Medienformate umwandeln.
- Die Funktionalität darf nicht von Plug-ins abhängen: Während Designelemente kein Problem darstellen, muss gewährleistet sein, dass ein Besucher Ihre Seite auch ohne zusätzliche Technik verwenden kann.
Etwas allgemeiner kann man vier Grundsätze des barrierefreien Webdesigns formulieren:
- Wahrnehmbarkeit: Alle Inhalte einer Seite sollen in einer für alle Nutzer wahrnehmbaren Form dargestellt werden. Es gibt hier eine Ausnahme: Inhalte, die nicht mit Worten ausgedrückt werden können.
- Bedienbarkeit: Alle Elemente, die Bedienfunktionen bereitstellen, sollen von allen Benutzern verwendet werden können.
- Verständlichkeit: Der Inhalt sowie funktionale Elemente sollen so einfach und verständlich wie möglich angeboten werden.
- Technologische Robustheit/Nachhaltigkeit: Die verwendeten Webtechniken sollen so gestaltet sein, dass sie heute und auch in Zukunft mit möglichst vielen »Empfangsgeräten« dargestellt werden können.
Der letzte Punkt verweist auf die Bedeutung offener Standards und nachhaltiger Formate.
14.1 Bedeutung 

»Blinde kommen eh nicht auf meine Seite« ist ein häufiges Argument fauler Webseitengestalter, um das Thema Barrierefreiheit zu umgehen. Aber täuschen Sie sich nicht. Der Anteil der Deutschen, die beim Zugang zu Informationen durch physische Einschränkungen zusätzliche Hürden zu überwinden haben, liegt bei ca. 8 %. Einige leichte Schwierigkeiten tauchen bei deutlich mehr Menschen auf. So leiden ca. 10 % der Männer unter einer Form von Rot-Grün-Blindheit. In absoluten Zahlen ausgedrückt, sprechen wir in Deutschland also von mindestens 8.000.000 Menschen, die bei falschen Konfigurationen in der Nutzung des Internets eingeschränkt werden.
Daneben spielen aber auch neue Herausforderungen eine Rolle. Kontrastarme Webseiten sind in der Bahn unter wechselnden Lichteinflüssen schwer zu lesen. Seiten, die nicht skalieren, stellen ein Problem bei der Darstellung auf mobilen Endgeräten dar. Auch im Unternehmensumfeld stößt man auf Schwierigkeiten, da bestimmte Features oder Browser nicht am Arbeitsplatz zugelassen sind.
Ein dritter Aspekt ist der sogenannte Digital Divide. Dieser Begriff beschreibt die Tatsache, dass nicht alle Menschen gleichermaßen in der Lage oder gewillt sind, an den neuen elektronischen Medien teilzunehmen. Das hat mehrere Gründe, die meistens in den Sozialstrukturen verankert sind. Der Digital Divide hat einen starken wirtschaftlichen Aspekt. So gibt es genügend Menschen, die eine veraltete Hardware oder einen sehr langsamen (oder gar keinen) Internetanschluss haben. Dass hier Webseiten, die die neuesten Gimmicks haben und dafür Erweiterungen benötigen, die mehrere Megabyte groß sind, nicht unbedingt den Surf-Spaß erhöhen, dürfte klar sein. Daneben spielt der Bildungsgrad eine große Rolle. Schwer zu navigierende Seiten und schwierige Texte schließen Menschen mit geringer Bildung tendenziell aus. Sie sehen einmal mehr, dass bei diesem Thema nicht nur die Technik bestimmt, was barrierearme Seiten sind.